In den Neunzigern haben wir etwa 80 Prozent unserer freien Zeit damit verbracht, Musik zu kaufen, Musik zu hören, über Musik zu reden und über Musik zu lesen. Einer der Gründe dafür war Spex.
Die Welt, die sich mir durch den Kontakt mit Spex, dem Maßstab für alle deutschen Musikmagazine, eröffnete, war ziemlich fremd, ziemlich aufregend und völlig neu. Underground war hier keine Marketingstrategie, sondern Verlagsprogramm. Da wurde dermaßen subjektiv über Musik geschrieben, dass man stets das Gefühl hatte, den Autorinnen und Autoren ist nichts weniger egal als die Meinung, die die Leser über sie hatten. Spex war subjektiv, aggressiv, provokativ und unausgewogen.
Und das war gut so. Und es war „Musik zur Zeit“ – so der Untertitel des Magazins -, im mehrfachen Sinne, aber besonders deshalb, weil es nie um die Halbwertzeit einer Band ging, nie um die Frage, wie „zeitlos“ oder „für die Ewigkeit“ ein bestimmtes Album war. Es ging um das Jetzt. Wenn es nächstes Jahr vorbei war, war es eben vorbei. Wenn man auch in 20 Jahren noch davon schwärmte: auch gut.
Vieles, fast alles hat sich im Laufe der Jahre und durch mehrere Redaktionswechsel bedingt verändert. Trotzdem empfinde ich ein kleines bisschen Stolz, eine Zeitlang in der Online-Ausgabe der Spex mitgearbeitet zu haben – leider jedoch sind die Rezensionen aus diesen Jahren vor einiger Zeit aus der großen weiten Welt des Netzes verschwunden. Sei’s drum.