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Kunst & Alltag

Music For Fans (17): Terry Allen – Juarez / Lubbock (On Everything)

Terry Allen
Juarez / Lubbock (On Everything)
Landfall / Fate Records / Paradise Of Bachelors, 1975 / 1979, 2016

 

„In sehr jungen Jahren rebellierte er gegen die Erwachsenenwelt und sein Umfeld durch künstlerische Betätigung: Er malte, schrieb und spielte Musik“. So steht es geschrieben auf der deutschen Wikipedia-Seite. Kann man sich so was heute überhaupt noch vorstellen? Jemand rebelliert durch Schreiben, Malen und Musizieren? Gut, wir reden hier von den 50er und 60er Jahren, das ist schon eine Weile her, aber trotzdem klingt es fremd, auf betörend romantische Weise naiv, ein etwas schales Echo aus der Vergangenheit und verdammt anachronistisch in Zeiten der großen Affirmation.

 

Mir ist Terry Allen jedenfalls schnell ans Herz gewachsen. Vor fünf Jahren kannte ich weder seinen Namen noch seine Musik, heute frage ich mich, wie ich so lange an ihm vorbeihören konnte. Ganz einfach: weil nicht ein einziges Mal seine ersten beiden Alben „Juarez“ und „Lubbock (On Everything)“ meine Wege gekreuzt hatten.

 

Terry Allen, Jahrgang 1943 und aufgewachsen in Buddy Hollys Geburtsort, der texanischen Viertel-Millionen-Einwohner-Stadt Lubbock, ist Musiker, Schriftsteller, Bildhauer, Maler, Architekt, Theaterregisseur und Konzeptkünstler und zählt zu der Spezies jener großen Musiker, deren Einfluss etwa tausendmal größer ist als die Umsätze. Neben vielen anderen haben David Byrne, Little Feat, Sturgill Simpson, Bobby Bare, Lucinda Williams und Guy Clark seine Songs aufgenommen.

 

Dass er im sagenumwobenen Genre des Outlaw-Country beheimatet ist, hört man seinen Texten und seiner Musik in jedem Moment an. Es sind schräge Geschichten über Außenseiter, mit expliziter Wortwahl, eng verbunden mit den beiden großen amerikanischen Pop-Zynikern Warren Zevon und Randy Newman, oftmals vom Piano statt der Gitarre getragen, mit schroffen Brüchen und Wiederholungen, die sich wie Loops anhören, und alles ist stets saugut produziert.

 

Als Country-Musiker sieht sich Allen konsequenterweise nicht: „Wenn zu mir jemand sagt, ich sei ein Country-Musiker, frage ich zurück: which country?“. Karl Bruckmaier, über den ich auf Terry Allen aufmerksam wurde, sieht das in seiner tollen Besprechung der beiden 2016 wiederaufgelegten Alben aus den Jahren 1975 und 1979 in der SZ ähnlich: „Sollte das Country-Musik sein, dann ist auch Townes Van Zandt Country. Dann schreibt Cormack McCarthy Western. Dann sind ‚Badlands‘ und ‚Deerhunter‘ Heimatfilme“.

 

Neugierig? Starten Sie doch einfach hiermit:

 

 

P.S. Am 24.01.2020 ist Tery Allens neues Album „Just Like Moby Dick“ veröffentlicht worden. Und höre da: 80 Prozent der Songs sind richtig gut!